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Art&Schock - Geschichten und Verbeigeströmtes, Text und Essay

Donnerstag, Juli 07, 2005

Generation X zum Gedenken

Nun ist es über zehn Jahre her, dass der Begriff der Generation X mit dem gleichnamigen Buch von Douglas Coupland in aller Munde kam. Was er beschrieb – gut ausgebildete junge Menschen in McJobs – hat sich seit einiger Zeit auch in Deutschland als Tatbestand herausgestellt.
Der Generation X folgte der Begriff der Generation Golf. Anlass waren die selbstreflexiven, banalen und bauchpinselnden Betrachtungen der Popjournalisten Illies, von Schönburg, Kracht und Co. (Stuckrad-Barre durfte im Sammelband „Tristesse Royal“ als Décadent hinzutreten, obwohl er viel zu jung war.), die sich nun als Generation Golf proklamierten. Darauf erfolgte die Empörung über eine Generation, die in den 70ern (mit Golf!) aufwuchs. Die Kollektivschelte durch das Feuilleton, wie man sie versnobten Kindern aus reichem Hause doch gerne angedeihen lässt, führte vielleicht dazu, das von Schönburg sich inzwischen darauf verlegt hat, mit Tipps zum stilvollen Verarmen sein Auskommen zu finden.

Nun ist diese Urgeneration in der Klemme. In der „Zeit“ hat man sie inzwischen in die Generation Praktikum, die „schwimmende“ Generation umbenannt. „Die karrierebewussteste Jugend, die es je gab, macht wahrscheinlich am wenigsten Karriere.“, hieß es. Hängt in Jobjobs, in Praktika, in spärlichen Aufträgen, hat viel Bildung in sich reingepumpt und muss zusehen, wie sie jemals ein ok- Auskommen reinfährt oder gar eine Mitbestimmung im gesellschaftlichen und kulturellen Ganzen erlangt (ohne den Weg über das Parteibuch).

Beide Male liegt die Diagnose über die Leute in der Hand derer, die nicht zur Generation gehören. Das Phänomen wird beschrieben aber die Leute kommen nicht zu Wort, mischen sich nicht ein. Diese Generation ist im stummen Prekären verhaftet, weder direkt auf A II noch in den angestrebten Positionen. Sie wird aus der politischen Debatte ausgeschlossen, nicht mitgedacht. Bei einer Politik, die der Privatisierung der Hochschulen das Wort redet (ein Vorwand, um andere Finanzlöcher zu stopfen, nicht um die Ausbildung zu verbessern.)
Diese Generation X hatte noch an klassische Bildung geglaubt. Und ist damit die lost Generation, zerrieben auf dem Scheideweg von einer trägen, sicherheitsbewussten Struktur der deutschen Arbeitswelt zu neuen Spielregeln, die mit „globaler Kapitalismus“ nur unzureichend und hämisch beschrieben sind.

Der Weg der Generation X, Golf und Praktikum ist lang und anstrengend.

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